Das Pferd ist ein Fluchttier. Dies ist natürlich keine neue Erkenntnis und viele Pferdebesitzer sind allzu vertraut damit. Aber wie sieht das genau aus?
Nimmt das Pferd eine vermeintliche Gefahr wahr, setzt ein Fluchtreflex ein und es bringt sich in Sicherheit. Das heißt es läuft sofort weg, stoppt dann und sieht sich um, ob weiteres Weglaufen
erforderlich ist oder der Abstand zur Gefahrenquelle ausreicht.
Denn andererseits sind Pferde genetisch auch Energiesparer. Sie müssen ihre Kraft einteilen, um überleben zu können. Deshalb laufen sie bei Gefahr nur so weit wie scheinbar nötig. Besitzer von
Robustpferderassen werden den Energiesparmodus kennen, während bei hochgezüchteten Sportpferden die Energiereserven größer sind und deshalb der Fluchtinstinkt überwiegen kann.
Wir Menschen haben gelernt, erst hinzusehen und dann zu entscheiden, ob sich das Weglaufen lohnt. Diesen Mechanismus beim Pferd zu etablieren, wäre eine große Erleichterung im Umgang mit unseren
Vierbeinern. Hierbei ist die Arbeit auf dem Trailplatz eine unglaublich wertvolle Hilfe und das ist hauptsächlich Inhalt und Ziel unseres Trainings.
Wie agiert das ungeübte Pferd auf dem Heidehorsetrail? Die meisten Pferde versuchen, das Hindernis ohne groß hinzusehen so schnell wie möglich hinter sich zu lassen. Auf dem Trailplatz haben wir
die Gelegenheit, diesen Reflex zu kanalisieren und umzuprogrammieren. Je nach Rasse und Typ gelingt dies mal schneller - dann setzt sich der Energiesparer durch – mal langsamer, aber ein
Lernerfolg ist bei allen Pferden (und Menschen) sicher.
Der hauptsächliche Fokus bei der Arbeit auf dem Trail liegt darauf, die Hindernisse langsam zu überwinden. Die Routine – erst hinsehen, dann entscheiden, dass sich weglaufen nicht lohnt – soll
eingebaut werden.
Sinnvoll ist eine erste Einweisung in die Kontrolle des Pferdes auf eine kurze Distanz: Schulter, Hinterhand oder ganzes Pferd vorwärts, rückwärts, seitwärts schicken können. Ist dies getan, geht
es an die Hindernisse. Immer nach dem Prinzip: Vom Leichten zum Schweren. An den leichteren Hindernissen kann man erstmal in Ruhe üben, das Pferd zu stoppen, es einen Schritt vortreten zu lassen,
es ev. wieder rückwärts zu schicken und es dann das Hindernis langsam überwinden zu lassen. Auch das Stoppen im Hindernis ist hilfreich und wird geübt. Je nach Pferd und Vorerfahrung kann man nun
die Anforderung steigern. Dabei ist es immer wieder spannend zu beobachten, wie unterschiedlich die Ängste der Pferde sein können. Die einen mögen keine wechselnden Untergründe. Die anderen
finden Gräben, die eng sind und an denen der Führer plötzlich höher steht, gruselig. Hindernisse, die sich bewegen (Wippe, Hängebrücke, Rollsteg) sind für die meisten Pferde eine Herausforderung.
Und natürlich das Wasser.....
Eine Festlegung auf eine bestimmte Arbeitsweise gibt es beim Heidehorsetrail nicht. Jeder kann so arbeiten wie gewohnt oder wie es am besten von der Hand geht.
Im Training holen wir jedes Pferd und jeden Führer dort ab, wo es/er gerade steht. Überforderung verhindert einen Lernerfolg eher und unnötiger Ehrgeiz ist auch nicht hilfreich. Jeder leistet
genau das, was gerade gut geht und das ist genau richtig so. Denn das Zauberwort heißt: Vertrauen. Das Vertrauen des Pferdes in seinen Führer, der die Gefahren kennt, einschätzen kann und auf den
man sich verlassen kann. Diese Erfahrung wird bei der Arbeit im Trail etabliert.
Und das Vertrauen des Führers in sein Pferd. Es bewältigt die gestellte Aufgabe mit Souveränität und Gelassenheit, wenn man ihm das Selbstvertrauen und die Möglichkeit dazu gibt. Nur, wenn man
sich beim Lernen wohlfühlt, ist die optimale Leistung abrufbar. Und Zufriedenheit ist die größte Belohnung.
Wichtig bei der Arbeit ist es, jede Hektik zu vermeiden, Stress gar nicht erst aufkommen zu lassen und dem Pferd Ruhe und Vertrauen zu vermitteln. Ihm zu zeigen: Sieh mal, du kannst das, es ist
nicht schwer und nicht gefährlich. Und am Ende loben, loben, loben. Auch Pferde haben Erfolgserlebnisse und sind stolz auf ihre Leistung.
Natürlich soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass das Training auf dem Heidehorsetrail auch mal eine schöne Abwechslung im Pferde- und Menschen-Alltag ist. Und dass Muskelaufbau, Koordination und
Geschicklichkeit gefördert werden. Aber für uns ist der mentale und der emotionale Aspekt der wichtigste. Die Zusammenarbeit zu intensivieren, das Vertrauen zu stärken, neue Ideen für den Umgang
miteinander zu vermitteln – all das bringt Menschen und Pferde sehr viel weiter als das reine Lehren von Techniken.
Am Ende des Tages ist es oftmals berührend zu sehen, wie zufrieden die Pferde mit ihrer Leistung sind und wie stolz die Besitzer auf ihre Pferde sind. So hat sich die Arbeit gelohnt.....